Die Liebe
Psychologie eines Phänomens
Econ-Verlag, 240 Seiten
 

Leseprobe

Die Liebe
Econ-Verlag, Seite 228-231

Alles, was du tust, das tue aus Liebe

Worte an einen Freund

In allem Leid, in aller Schrecklichkeit geht die Liebe nicht unter, das Leben besteht in seiner Schönheit weiter, wenn du fähig bist, diese Schönheit zu erkennen. Gleichgültig, was auch geschieht, das Leben ist lebenswert. Wenn man dir Haß und Zerstörung entgegenbringt, so ist das kein Argument gegen das Leben. Haß und Zerstörung sind eine Krankheit. Über diese Krankheit wird das Leben immer wieder siegen.

In der tiefsten Not, im tiefsten Elend ist die Schönheit, die Offenheit, Liebe und Lebendigkeit immer mit dabei. Egal, was geschieht, wie das Schicksal auch zuschlägt, die Schönheit ist gegenwärtig. Die Liebe allein heilt. Die Natur, das Leben sind Liebe.

Auch der Tod gehört zur Natur, der Tod ist Liebe und Schönheit. Er erlöst dich, er ist gnädig und liebevoll zu dir, im entscheidenden Augenblick, wenn du ihn brauchst. Du darfst dich nicht eng machen und dich verschließen. Das Glück des Lebens und der Liebe liegt in der Wandlung. Jeder Augenblick muß vergehen, um einem neuen Augenblick Platz zu machen. So mußt auch du vergehen, um einem neuen Lebewesen Platz zu machen. Du kannst das Leben nicht besitzen, es ist dir geschenkt, von einem Augenblick zum anderen. Jeder Augenblick muß sterben, so mußt auch du sterben, um einem neuen Augenblick Platz zu machen, damit neues Leben und neue Liebe entstehen können.

Wer in Liebe lebt, hat keine Angst vor dem Tod. Er ist bereit zu sterben, ohne eine krankhafte 'Todessehnsucht' zu besitzen. Der Weise kann in jedem Augenblick sterben, weil er an nichts anklammert, weil er in jedem Augenblick aufgeht, weil er die Wandlung liebt - und nicht das Festhalten. Wer die Wandlung des Augenblicks liebt, kann nicht das Festhalten lieben. Alles ist Wandlung. Selbstverständlich ist auch die Liebe fließend. Die Liebe läßt sich nicht fixieren. Alles entsteht, vergeht, entsteht neu und vergeht erneut, etwas Neues entsteht, das Neue wird alt und stirbt, um dem erneut Neuen Platz zu machen.

Zu lieben heißt, dies alles zu lieben, so wie es geschieht. Wenn du heute nicht stirbst, dann freue dich, daß du heute noch leben kannst. Versuche nichts festzuhalten, denn festhalten heißt Gewalt ausüben und den Tod herausfordern. Der Tod kommt schneller, wenn du Einfluß nehmen willst. Wenn du die Liebe zu einem Menschen konservieren willst, dann stirbt diese Liebe schneller, als dein kluger Verstand gedacht hat. Je mehr du fähig bist, den Dingen und den Menschen ihre Freiheit zu lassen, um so größer ist deine Chance, daß sie dir erhalten bleiben. Wenn du Gewalt ausübst über Dinge und Menschen, wird diese Gewalt auf dich zurückkommen. Die Dinge werden deine Seele vernichten, und die Menschen werden nach deinem Leben trachten. Lasse alles so, wie es ist, greife nicht ein, liebe es, wie es ist, und du hast das Beste getan, für dich und die anderen. Diese Erkenntnis ist schwer zu verstehen. Einem intellektuell orientierten Zivilisationsmenschen, der fortschritts- und wissenschaftsgäubig ist, ist diese Erkenntnis nicht zugänglich, sie ist für ihn nur 'Blabla'.

Es ist einerseits schwer, liebend zu akzeptieren, und andererseits so leicht, wenn es dich glücklich macht. Aber du mußt erst erfahren, daß es dich glücklich macht. Laß dich voll Vertrauen fallen, damit du erfahren kannst. Kämpfe nicht mehr. Höre auf Gewalt auszuüben. Laß geschehen, was geschieht. Azeptiere.

Du sagst, du kannst es nicht. Schade. Heute kannst du es nicht. Sage nicht, daß du es nie kannst. Öffne dich dem, was im Moment geschieht. Alle Angst hat dann ein Ende. Mit der Angst haben alle deine Probleme ein Ende. Es wird alles plötzlich leicht. Dieses Erlebnis geschieht wirklich plötzlich, die Erkenntnis ist von einem Moment zum anderen da. Sie ist allerdings oft genauso schnell wieder weg. Du mußt dich jeden Tag neu darum kümmern. Du hast keine Ruhe. Du kannst reden und denken, soviel du willst, du kommst um das Problem dieser Erkenntnis nicht herum. Ist sie da, dann geht es dir gut, dann bist du ruhig, gelassen und bereit zu lieben und zu sterben. In Liebe ist das Sterben leicht. In Haß und Kampfbewußtsein ist das Sterben sehr schwer und qualvoll.

Sei jeden Tag bereit zu sterben, und es fällt dir leicht, zu lieben. Klammere dich nicht an das, was du liebst. Sei frei und lasse das, was du liebst in Freiheit. Diese Erkenntnis macht dich glücklich, lasse sie nicht zum Fenster hinausfliegen.

Lieben ist alles, Lieben ist das Geheimnis des Lebens. Liebe, und du wirst glücklich. Liebe ist die Konzentration deines Lebens. In der Liebe erfährst du dein Leben und das der anderen. Je mehr du liebst, desto mehr erfährst du Sinn, Glück und Zufriedenheit. Je weniger du liebst, um so näher rückst du der Gewalt und dem Tod. Das willst du nicht.
Also bleibt dir gar nichts anderes übrig - du hast keine andere Wahl."